Wettkampf: 2013 // 27.01.2013
Rodgau 50 km Ultramarathon
Wer Rodgau kennt, weiß, worum es geht. Ein geselliges Ultra-Treffen und ein gemütlicher 50-km-Lauf. Man trifft sich, lacht und redet viel und jeder versucht bestmöglich die Distanz oder zumindest einen Teil davon zu absolvieren. Dieses Jahr mit dabei: der #Twitterlauftreff. (Und, vorweg: Es war ein großartiger Tag mit euch! Vielen Dank für die vielen netten Schwätzchen, das Beisammensein, die Anfeuerungen und die Nussecken. - Und die Linzer Torte!)
Über drei Monate lang habe ich mich mit über 100 Wochenkilometern und langen Läufen bis zur Marathondistanz vorbereitet, um Marcus bei seinem Versuch eine 3:30 zu laufen zu begleiten. Einziger Haken: Marcus zog sich vergangene Woche eine Rippenprellung zu. Aber, wenn man schon einmal trainiert hat, kann man ja trotzdem laufen. Wird schon nicht wehtun. Auch wenn der Kopf sich denkt: "50 km? Alleine? Och nö!".
Loslaufen und das richtige Tempo finden. Locker muss es sich anfühlen! Niemand sprintet wie sonst davon. Alle wissen, worum es hier geht. Man muss sich die Kräfte richtig einteilen.
Nach zwei Kilometern geht es in den Wald hinein. Schneebedeckte Waldwege, mit Split gestreut, ersetzen nun den geräumten Asphalt. In der ersten Runde läuft alles wunderbar. Schon 10 % geschafft. Boah, ist das cool! Teilweise muss ich mich etwas bremsen, im Wald etwas anspornen. Aber grundsätzlich läuft das Tempo wie von selbst.
Demeter, unser @TriathlonDog, dürfte eigentlich kein Problem mit einer 3:20 haben und auch wenn er nicht ganz fit ist, läuft er ein gutes Stückchen vor mir. An die ausgeschriebene Linzer Torte für einen "Sieg" gegen ihn wird zunächst nicht gedacht.
Jede zweite Runde gibt es ein Gel. Die deponierten Trinkflaschen helfen mir, genügend Flüssigkeit zum Runterspülen zu haben. In den anderen Runden gibt es etwas Tee und teilweise einen Hustenbonbon für den trockenen Mund. Was im Training oft geklappt hat, klappt auch hier.
Die äußeren Bedingungen finde ich eigentlich wunderbar. -4°C sind überhaupt kein Problem. Mit Langarmshirt, Jacke und Singlet sowie Handschuhen, Halstuch und Mütze ist mir warm genug. Selbst meinen Händen geht es gut. Gefährlich glatt ist es auch nicht. Doch mit jeder Runde wird der Untergrund im Wald unangenehmer. Der Schnee ist aufgewühlt und jeder Schritt kostet viel Kraft.
Für die ersten drei Runden finde ich einen Laufpartner zum Quatschen und wir sind auf einem guten 3:30-Kurs. 20:50, 20:54, 20:38. Das ist zwar etwas flotter, aber das Tempo von 4:12/km sollte für mich auch nicht am Limit sein. Auf der vierten Runde schließe ich zu Demeter auf und Laufe ein Weilchen mit ihm. Alles okay.
Bis Kilometer 30 läuft es bestens. Dann kommt zwar nicht der Mann mit dem Hammer, aber der Kopf ist nur noch bedingt dazu bereit, sich gegen die nun deutlicher schmerzenden Beine zu stämmen und auch auf dem Waldstück das Tempo zu halten. Auch wenn die Unterstützer bei der Verpflegungsstelle unentwegt anfeuern und Gabi als Streckensprecherin beim Rundendurchgang immer wieder motiviert - der Kopf kämpft nicht genügend.
Pinkelpause am Baum, anhalten am überfüllten Verpflegungsstand. Auf dem Asphalt noch einmal Gas geben und im Waldstück versuchen nicht aufzugeben. Zu Ende gelaufen wird hier - das steht nie außer Frage. Aber trotz der Schmerzen noch einen draufsetzen, wie im Training die Endbeschleunigung zünden - das klappt nicht so recht.
Marathon-Durchgang in 2:58:30. Bis zu einer 2:57 hätte ich mir noch Chancen auf die 3:30 gegeben. Stattdessen kratze ich bedenklich an der 5:00/km-Grenze. An der Verpflegungsstelle greife ich zur Cola. Ein letztes Mal pushen. Aber Kraft ist in den Beinen keine mehr vorhanden.
Und dennoch: Es ist Ultramarathon und ich bin hochzufrieden.
50 km in 3:34:55. Der 11. Platz in der Gesamtwertung, der 4. in der Altersklasse.
Die Distanz hat mir eigentlich nie einen Schrecken eingejagt, auch wenn ich auf den letzten drei Runden gelitten hab. Das habe ich vor allem, weil ich das Leid zulassen musste. Der Kopf wollte den drecksverdammten Streckenabschnitt im Wald nicht mehr ausblenden, nicht mehr dagegen ankämpfen. Ist ja irgendwo auch verständlich.
Jetzt darf er sich stattdessen wieder auf vernünftiges Training freuen, auf endlose Quälereien auf der Tartanbahn. So etwas Verrücktes wie Ultramarathon, das muss nicht wieder sein. Einmal ist definitiv genug. Zumindest pro Jahr.
Statistik
Rodgau Ultramarathon | ||||
Platzierungen: | 4. von 30 (AK), 11. von 449 (Gesamt) | |||
Veranstalter: | http://www.rlt-rodgau.de/ | |||
Ergebnisse: | http://my3.raceresult.com/details/index.php?pag... | |||
Besten Läufe über 50 km | ||||
10.11.2013 | 1. Herbstwaldlauf Bottrop | 3:29:09 (4:11) | ||
26.01.2013 | 2. Rodgau Ultramarathon | 3:34:55 (4:18) | -5:46 |
Siehe auch
- Bericht von Demeter: "Wir sind ultra!"
- Bericht von Wolfgang: "50 km Ultramarathon in Rodgau"
- Bericht von Magic Mike: "Ich bin ULTRA"
- Bericht von Gerd: "Wer sich den Wolf tanzt"
- Bericht von Martin: "Psychologie des Verweigerns"
- Bericht von Sven: "Rodgau50 vs. Sven = 1-0"
- Weitere Berichte: Florian Neuschwander, Carsten Stegner, @headnutHH, @sielaeuftde, @lauffreund_de
- Bild 1, Bild 2 bei brooksrunning.eu
12 Kommentare
Lob, Kritik und Anregungen sind immer herzlich willkommen.
Zum Bloggen gehören eure Meinungen ebenso sehr wie die Artikel.
leider habe ich Dich bei deinem Tempo nicht zu Gesicht gekriegt.
Zu deinem Lauf die besten Glückwünsche und meinen allergrößten Respekt. Bei dem Wetter hast Du da richtig einen rausgelassen.
Bis nächsten Jahr im Rodgau! ;-)
Mit dieser Grundlage, darfst Du Dir einiges erhoffen für 2013!
Grüße aus Köln!
Mario
muss ehrlich sagen, alles andere hätte mich überrascht. Die Marathon-Durchgangszeit: Hammer. Die Finisherzeit und Platzierung: Ebenso...
Ich habe ja wirklich lange mit dem Gedanken gespielt auch zu starten, sogar noch spontan hinzufahren um dich, nein, alle vom Twitterlauftreff, von der Rodgaubande zu treffen und es war einfach nicht drin... umso mehr freut es mich von dir zu lesen wie toll es war und bin mir sicher, dass man sich 2014 oder 15 oder dann mal dort treffen wird.
Und dann viel Spaß auf der Tartanbahn! Grundlagenausdauer ist ja nun mehr als nur ausreichend gelegt.
Genieße die Regeneration und starte dann mit tollen Erinnerungen von diesem Event ins Frühjahrstraining los... Grundlage hast du jetzt sicherlich genug getankt :-)
LIebe Lauf-Grüße
Running Zuschi
Ob ich in den nächsten Jahren tatsächlich noch einmal die ganze Distanz laufe, weiß ich noch nicht. Aber vorbeischauen sollte auf jeden Fall drin sein.
Aber Deine Qualität kompensiert die Quantität, denn sind ja vielleicht mal krasse Zeiten, die Du hier verkündest. Großer Respekt! Ich wäre happy, wenn ich mal einen Stadtmarathon unter 3 h schaffen würde, Du machst das mal so nebenbei in Rodgau als Durchgangszeit auf der Piste... Ich bin schon mehrfach Rodgau gelaufen, ich weiss, wovon ich spreche...