Laufstrecken // 08.05.2010

Tour über den Tellerrand (Teil 1): Oppendorfer Mühle - Preetz

Tour über den Tellerrand - Die Erkundung der Heimat: Oppendorfer Mühle - Preetz (20,6 km)

Die Tour über den Tellerrand, das Laufen des Erkundens wegen, stellt für mich bis Ende Juni neben den geplanten Wettkämpfenein wunderbares Kontrastprogramm dar. Ziel ist es, den Ort Schönwalde am Bungsberg an mein Streckennetz anzuschließen. Entfernung: 40,55 Kilometer - allerdings Luftlinie. In dieses interessante Projekt bin ich am Mittwoch gestartet.

Die erste Tour über den Tellerrand: Oppendorfer Mühle bis nach Preetz Die Streckenkarte der ersten Tour über den Tellerrand (Klicken zum Vergrößern)

Bei leichter Bewölkung und angenehmen 12 Grad geht es zunächst mit dem Fahrrad 15 Kilometer bis zur Weißen Brücke bei Rosenfeld an der Schwentine, an der ich bereits bis zur Oppendorfer Mühle gelaufen bin. Auf der Weißen Brücke angekommen kann ich zugleich auf den Rosensee blicken und fühle mich wohl. Das Blau des Wassers, das mir noch immer den Eindruck von Freiheit vermittelt, umgeben vom Grün der Bäume und Bäusche. Kein Hauch von Zivilisation zu sehen. Genau so sollte das sein.

Hier lasse ich Jacke und Fahrrad zurück, starte auf dem Forerunner die vorher geplante Strecke und begebe mich mit Kamera und Trinkrucksack bewaffnet nordöstlich der Schwentine in Richtung Oppendorfer Mühle - der Anschluss zum Streckennetz muss hergestellt werden.

Start auf der Weißen Brücke mit Blick auf den Rosensee Durch Rosenfeld: klein, ruhig, gemütlich. Blick auf den Rosensee und die Weiße Brücke - schon jetzt traumhaft. Das erste Wasserkraftwerk - selbst das schaut nett aus.

500 Meter durch Rosenfeld, so winzig, dass es zur Gemeinde Rastorf gehört, die selbst keine 900 Einwohner hat, unspektakulär aber gemütlich, und schon blicke ich aus nördlicher Richtung auf die Weiße Brücke. Genießen, fotografieren, weiter laufen. Kurz darauf passiere ich ein Wasserkraftwerk, für welches der Rosensee den Stausee bildet. Weiter durch ein wunderschönes Waldstück direkt am Ufer, ein Waldkauz sitzt wachsam über mir im mächtigen Blätterdach. Nach insgesamt 3,5 Kilometern mit acht Pausen erreiche ich die Oppendorfer Mühle und habe weiterhin Respekt vor meinem heutigen Vorhaben. 20 Kilometer Gesamtstrecke sind zu laufen und die Hinfahrt mit dem Rad habe ich offensichtlich gut überstanden, doch die Rückfahrt wartet noch und schon jetzt macht sich der Waldboden als anstrengend bemerkbar.
Wie im Märchenwald ragen große Bäume aus der Schwentine heraus. Hoch oben im Baum hockt der Waldkauz - entdeckst du ihn? Blick von der Brücke bei der Oppendorfer Mühle auf die Schwentine - ein Paradies. Ein kleiner Seitenarm wirkt noch spannender

Doch es bleibt schön, richtig schön. Viel zu schön, um sich Gedanken über einen späteren Kraftmangel zu machen. Ich überquere die Schwentine und laufe am anderen Ufer gen Süden. Zunächst etwas abseits, dann kurz durch den Schwentinepark, dessen eingesperrten Tiere ich ebenso wenig beachte wie zwei vorbei laufende Schüler, die wenig später mit der Zunge im Staub ihre Lehrerin erreichen, und schließlich wieder bei unverändertem Bild an der Schwentine entlang: links das Wasser, rechts das richtig hübsche, bewaldete Ufer. Hier befinde ich mich inzwischen auf dem europäischen Fernwanderweg E1, der immerhin von Mittelschweden bis nach Mittelitalien reicht, und entdecke bei der Unterquerung der B202 auch erstmalig das entsprechende Zeichen: weißes Andreaskreuz auf schwarzem Grund. Zumindest hier hat er sich diese Auszeichnung absolut verdient.
Schwentinepark - nicht interessant genug, um lange zu halten. Unterquerung der B202 - maximal zwei Meter hoch - ob die europäischen Fernwanderer vorgewarnt wurden? Direkt an der Schwentine zu laufen bleibt ein Genuss. Windschutz und Schattenspender, aber das Wetter spielt wunderbar mit.

Während für zu groß geratene Läufer hier Ende wäre, genieße ich noch ein kleines Stückchen das Vogelgezwitscher zur Rechten und die wässrige Ruhe zur Linken. Keine acht Kilometer geschafft, weiterhin fällt das Laufen auf dem Untergrund schwer und ebenso bleibt es bei der Schönheit. Ein Schluck aus dem Trinkrucksack, vorbei an halbwegs entwurzelten Bäumen und hinein in den Wald. Kein Blick mehr auf das Wasser, dafür fast unbequeme Wege. Hinauf, hinab, über die ein oder andere Wurzel stolpern.

Und doch ist es schön, so richtig schön. Vor einem Jahr war ich mit dem Rad hier, damals, vom Untergrund genervt, konnte ich die Strecke längst nicht in diesen Ausmaßen genießen. Heute hingegen wird das Laufen zur Nebensache. Wettkampfpläne vergessen, das Tempo und die Kilometeranzeige überhaupt nicht im Blick. Stattdessen sehe ich auf dem Forerunner lediglich die geplante Strecke, bleibe durchgehend bestens orientiert. Auf das fragende Wo bin ich jetzt? Wo muss ich hin? verzichte ich gerne und lasse es einfach laufen. Vorbei am eher dürftigen Laubfrosch-Ausblick geht es auf dem Totenredder, auf dem in früheren Zeiten die Bewohner von Rosenfeld ihre Verstorbenen nach Preetz brachten, weiter gen Süden.
Hinein in den Wald: Auch diese Brücke - irgendwie süß Laubfrosch-Ausblick: nichts gehört und nichts gesehen Stadt Preetz - immerhin knappe 16.000 Einwohner Das Preetzer Kloster, 1325-1340 erbaut: ganz nett

Inzwischen abseits der Schwentine ist es angenehm ruhig aber nicht mehr ganz so schön. Ein eher typischer Wald, ein kurzer Blick auf eine Wiese, hier und da ein Haus. Unter die laute B76 hindurch ist es nicht mehr weit bis Preetz, wo ich mir vorbei an einer Gruppe Rucksack-Touristen eine Ehrenrunde um das Klosten gönne. Ganz nett, mehr aber auch nicht. Anstatt mich hier lange aufzuhalten begebe ich mich auf den Rückweg. Der Nachteil der Tellerrand-Tour: Wenn man nicht abgeholt wird und sich nicht in die öffentlichen Verkehrsmittel setzen möchte, muss man die doppelte Strecke laufen.
Lass dir Zeit? Das mache ich! - Und trotzdem sehe ich keinen Weinberg. Stattdessen erblicke ich nur das wollige Etwas Total nette Brücke und noch nettere Insel auf der Schwentine Zum Abschluss wieder östlich der Schwentine gen Norden

Auf bekannter Strecke zurück. Die Sonne bleibt mir treu, ein Specht hämmert fröhlich in den Baum, ohne sich blicken zu lassen. Für das Streckennetz nehme ich noch einen Umweg, um mich zumindest dem Straßenschild zufolge an einem Weinberg zu befinden. Statt Wein finde ich jedoch nur wollige Monster. So kalt ist das doch gar nicht. - Wieder kurz auf den Totenredder und dann über eine Brücke, eine wunderprächtige Insel und eine zweite Brücke nach Rastorf. Wieder ein Stückchen wunderschön am Wasser bis zum großen Schrecken. Wieder an der B202, die Autos rauschen wie wild an mir vorbei. Ein absoluter Bruch in der Idylle. Hier habe ich genug, überquere schnell und erreiche kurz darauf Rosenfeld und die Weiße Brücke.

Tour über den Tellerrand
Das Projekt nach der ersten Etappe (blau)


Eine mehr als prächtige Tour! Anstrengend, durchaus. 20,55 Kilometer stehen am Ende auf der Uhr, 15 weitere Kilometer auf dem Fahrrad kommen noch hinzu. Ich setze mich kurz an die Brücke, schnaufe durch, genieße die Sonnenstrahlen. Zum Genießen war es hier wahrlich. Das Laufen an der Schwentine, gerade zu dieser Jahreszeit, ein Traum. Dafür nehme ich den kleinen Umweg gerne in Kauf und drehe am Ende eine Tour mehr, um bis nach Schönwalde zu kommen.