Ausrüstung: Laufschuhe // 09.11.2011
Das Pure Project von Brooks
Im Oktober diesen Jahres sind die neusten Schuhe von Brooks auf den Markt gekommen, das Pure Project. Nach intensiven Befragungen der Läufer selbst wollte man neuartige Laufschuhe entwickeln, die noch mehr den Wünschen der Läufer entsprechen sollten.
„Wir haben die Läufer selbst gefragt, was sie sich wünschen. Das Ergebnis unserer zahlreichen Gespräche hat uns überrascht – und inspiriert: Die Läufer sehnen sich nach Einfachheit. Sie wollen eine intensivere Verbundenheit mit ihrer Umgebung spüren. Sie wollen ein natürliches Laufgefühl und eine möglichst vollständige und unmittelbare Körpererfahrung bei ihrem Lauf.“
Zumindest was das Marketing betrifft, hat Brooks vortrefflich gehandelt. Die Läufer waren gespannt und schließlich überwältigt. Dank Gewinnspiel und StrongmanRun-Wildcard (inklusive Schuh) habe ich die Möglichkeit, mir selbst ein Bild zu machen. Die in vielen Testberichten gelobte Passform und das Aussehen sind schließlich sehr subjektiv.
Die Kandidaten
An meine Füße haben es der Pure Connect und der Pure Grit geschafft und eines muss man Brooks lassen: Beim ersten Anziehen zeigt sich wirklich ein überraschendes Gefühl. Es fühlt sich wie im kuscheligen Wohnzimmer an. Unglaublich weich und gemütlich zeigt sich das Material und die Einlegesohle. Schön - aber vor allem überraschend. Denn ein "natürliches Laufgefühl", den direkten Kontakt zum Boden, hatte ich mir anders vorgestellt.
Leichtgewichte?
Im Gewichtvergleich schneiden die Schuhe ordentlich ab. Ja, nur ordentlich, denn es kommt auf den Vergleich an und da treten sie bei mir auch gegen Wettkampfschuhe an. Mit 238g (Connect) und 266g (Grit)* befinden sie sich im oberen Segment, werden aber von drei Wettkampfschuhen und dem Nike Free geschlagen.
Brooks Pure Project: Pure Grit und Pure Connect
Das Technische
Neue bahnbrechende Technologien sind natürlich auch vorhanden. Auffällig ist der Längs-Schnitt beim großen Zeh und an der Ferse. Eine besondere Wirkung lässt sich aber beim besten Willen nicht feststellen. Technisch also eher wie gewohnt. Selbstverständlich liefert Brooks eine gute Qualität, aber das ist bei den anderen großen Laufschuhherstellern nicht anders.
Und das subjektive Laufgefühl?
Angenehm leicht und dank des weichen Materials sehr gemütlich. Ja, sie tragen sich schön und man kann gut mit ihnen laufen. Etwas problematisch zeigt sich bei mir das Nav-Band, das über dem Spann für einen noch besseren Sitz sorgen soll. Bei mir sorgt es dafür, dass ich die Schuhe sehr locker schnüren muss, damit ich auch nach 10 Kilometern noch ein Gefühl in den Zehen habe. Das kann aber von Fußgewölbe zu Fußgewölbe anders sein.
Wettkampfschuhe?
Jeder muss für sich wissen, was er beim Wettkampf unter den Füßen haben möchte. Für mich gilt: Wettkampfschuhe dürfen sehr leicht und entsprechend hart sein. Dämpfung ist etwas, was für die vielen Wochenkilometer benötigt wird - nicht aber im gleichen Ausmaße beim Wettkampf. Natürlich wäre vor allem der Pure Connect keine schlechte Wahl beim Wettkampf, in meinen Augen aber längst nicht die beste, denn für einen Wettkampfschuh hat er noch immer mehr als nötig.
Die Sohle des Pure Connect
Minimalismus?
Der Trend des Jahres heißt Minimalismus. Brooks selbst spricht von einem "natürlichen Laufgefühl" und in der Allgemeinheit geht der Minimalismus in Richtung von Zehenschuhen und ähnlichem. Auf das Wichtigste, den Schutz vor spitzen Steinen oder Scherben, beschränkt. Davon allerdings sind die neuen Pure-Modelle entfernt und bieten nicht mehr als der Green Silence.
Lediglich für den Einstieg zu leichteren Schuhen wissen sie zu beeindrucken. Und so lässt sich auch das Fazit formulieren. Brooks hat neue Laufschuhe auf den Markt gebracht, die sich sehr gemütlich tragen und einen sanften Einstieg in die Richtung des Minimalismus ermöglichen. Mehr nicht. Wer noch keines der neuen Modelle beseitzt, muss sich nicht sorgen: Es handelt sich um keine Weltneuheit.
* Alle Gewichtsvergleiche mit meinen eigenen Größen - nicht den offiziellen Angaben.
11 Kommentare
Lob, Kritik und Anregungen sind immer herzlich willkommen.
Zum Bloggen gehören eure Meinungen ebenso sehr wie die Artikel.
Danke für deinen Blickwinkel, find ich wirklich interessant.
Vor ca. einer Woche hab ich mir den Pure Cadence gekauft und bin bisher wirklich begeistert. Allerdings hab ich mit speziellen Wettkampfschuhen keine Erfahrungen. Der Cadence ist für mich sozusagen der Einstieg wie du es formuliert hast. Bislang lief ich meine Runden hauptsächlich mit dem Ghost 3, 4, Kayano 17 und dem Wave Rider 14. Daher ist der Cadence für mich wirklich ein "Leichtgewicht" und trägt sich sehr angenehm.
Ich war beim ersten Anprobieren wirklich überrascht wie gut gedämpft der Schuh ist und trotzdem relativ leicht. Ich denke den kann ich auch gut auf längeren Runden tragen.
Gruß sveeen
absolut Klasse, Dein Bericht! So mag ich das! Kein blumiges Geschwafel, sondern die Fakten sachlich und realistisch abgeklopft. Super!
Ich muß ja zugeben, dass mir dieser "Brooks-Hype", der im Moment, aufgrund dieser vielen Testpakete, die in den letzten Wochen wohl verschickt wurden, herrscht, ein wenig auf die Nerven geht. Man könnte ja fast schon meinen, Brooks hat den Laufschuh neu erfunden.
Puma hat die Faas-Serie, Nike die Free's, von Asics gibt es nun die 33er-Reihe und auch Adidas, Saucony und Reebok haben diese neuen "Natural-Running"-Modelle im Programm.
Insofern finde ich Deine Einschätzung absolut auf den Punkt gebracht und für mich persönlich sehr hilfreich. Denn natürlich hatte ich die neuen Brooks' auch schon mal in die engere Auswahl gefaßt.
Grüße aus Köln!
Mario
Überrascht hat mich doch die relativ gute Dämpfung trotz des geringen Gewichtes!
sehr Objektiv und neutral (endlich mal einer). Ich habe den Connect und bin ebenfalls deiner Meinung was Gewicht und Wettkampf angeht.
Ich finde der Connect ist kein Schuh für einen Umsteiger auf LW-Trainer und hat mir, obwohl ich nur LW-Trainer laufe, einige Probleme bereitet. Was ich denoch gut finde, ist die sehr geringe Sprengung.
lg
Holger
Im Vgl. zum Green Silence ist er aber bedeutend schmaler geschnitten und so würde ich ihn auch empfehlen. Allerdings ist er für mich auch kein wirklicher Wettkampfschuh, will er vielleicht auch nicht sein bzw. kommt es natürlich auf die Intensität des Laufens an. Ein normaler Freizeitläufer, der ab und an einen WK mitmacht und sich nicht an extrem leichte und harte Schuhe traut, mag damit vielleicht auch damit glücklich werden.
Klar bieten andere Marken auch verlgeichbare Modelle, mit denen man auch sehr zufrieden sein kann.
Für lange Runden sind sie dank der guten Dämpfung und des "weichen Gefühls" wirklich gut.
@Supermario72:
Die Nike Free sind inzwischen so "alt", dass sie kaum noch ein Thema sind. Puma, Adidas und Asics haben es nur leider bisher nicht wirklich geschafft, den Social-Media-Bereich zu erreichen. So bleibt der Fokus leider auf Brooks.
@Brennr.de:
Zumindest weiß man bei mir aber, womit ich den Schuh vergleiche. Das steht leider zu oft in den Sternen.
Mir geht es bei den Schuhe auch wenig darum, ob das nun ein Wettkampfschuh ist oder nicht. Enttäuscht war ich einfach davon, dass vom Minimalismus eigentlich keine Spur zu finden ist.
@Chris:
Finde ich schwer zu beurteilen und hängt sicher auch vom Stil und Untergrund ab. Beim Grid kann ich noch nichts sehen, beim Connect kann das Gerücht durchaus wahr sein.