Wettkampf: 2014 // 10.05.2014

Wings for Life World Run 2014

"Laufen für diejenigen, die es selbst nicht können" - Unter diesem Motto fand am 4. Mai der Wings for Life World Run statt, zeitgleich an 34 Orten auf der ganzen Welt. Mit einem ganz besonderen Projekt hat die Wings for Life-Stiftung unter der Organisation von Red Bull Spenden für die Rückenmarkforschung gesammelt.

12 Uhr in Darmstadt, der deutschen Location des Rennens. Etwa 1.500 der weltweiten 35.000 Teilnehmer stehen am Start. Mit dabei als Botschafter sind zum Beispiel Miriam Gössner (Biathlon), Julius Brink (Beachvolleyball) und Andreas Wellinger (Skispringen). Sabrina Mockenhaupt ist die einzige bekannte Läuferin und auch ihr Ziel ist es nicht, ganz vorne mit dabei zu sein.

Hier gewinnt nicht, wer am schnellsten im Ziel ist, sondern wer am längsten durchhält. Eine halbe Stunde nach dem Start macht sich das Catcher Car auf den Weg, zunächst mit 15 km/h und schneller werdend (13:30 Uhr auf 16 km/h, 14:30 Uhr auf 17 km/h, 15:30 auf 20 km/h). Sobald man vom Catcher Car überholt wurde, ist das Rennen für einen beendet.

Wings for Life World Run 2014
23 Sekunden vor dem Start - © Red Bull Content Pool

Ich stehe zusammen mit meiner Trainingspartnerin Carina am Start. Weniger des karitativen Zwecks wegen - wenn ich für eine Sache etwas Spenden möchte, kann ich das auch ohne großes Event tun - sondern gerade wegen des großen Events. Denn das ist es wirklich: Man kommt sich wie vor bei einem bestens organisierten Stadtmarathon, mit dem Unterschied, dass alle Läufer total entspannt sind.

So stören wir uns auch nicht daran, dass wir 30 Minuten vor dem Start im Startblock stehen sollen. Kein großes Gedränge, keine Nervosität. Stattdessen fröhliches Plaudern: Hendrik und Dominik (Foto bei Instagram) reihen sich vor uns, Michael schleicht nach hinten und auch Martin wuselt irgendwo herum.

Das Rennen

Wir laufen locker los. Carinas Ziel: 30 km, also ein 4:52er-Schnitt. Wir starten eher in 4:30, ich versuche kurz zu bremsen, aber was soll's. Wir lassen es einfach laufen. Die Sonne scheint, den Beinen geht es gut und die Stimmung ist super. Was will man mehr?

Kurzzeitig schließen wir zu Hendrik und Dominik auf, die die spätere Siegerin begleiten. Auch die sind schneller als gewollt unterwegs. Wir lassen es weiter rollen, rechnen uns den Vorsprung zum 30-km-Ziel aus, beginnen mit der Verpflegung und warten auf eine Toilettenpause. Bei so einem lockeren Rennen kann man sich die ruhig einmal gönnen.

16 Kilometer geschafft, Dieburg erreicht. Ein Stückchen Banane, einen Riegel. Wasser, Iso, Red Bull und Cola - für unser Wohl ist gesorgt. Wir durchqueren die Landschaft, während die Kilometer nur so an uns vorbei fliegen. 20 Kilometer geschafft und noch immer zu schnell unterwegs. Carina setzt sich hinter mich, will den Windschatten nutzen und bis Kilometer 25 das Tempo halten. Kein Problem soweit.

Wings for Life World Run 2014 - Strecke

Natürlich werden die Beine langsam schwer und im Anschluss lassen wir dann wirklich etwas Tempo raus. Noch einmal durch einen Ort und einen kleinen Anstieg hoch. Dominik steht hier bereits am Rand und auch Mocki ist "raus". Manche Leute sind vernünftig, andere rennen immer weiter. Noch einmal rechnen, noch einmal einen knackigen Anstieg hoch.

Acht Minuten "Vorsprung". Also laufen wir weiter, immer weiter. Die Fragen mehren sich, wann denn das blöde Auto endlich käme. Stehen bleiben und warten? - Die Blöße will sich aber niemand geben. Außer den Vernünftigen. Auch Hendrik steht bei Kilometer 32 am Rand. Für uns gibt es aber keine Pause, wenngleich das Schnaufen lauter wird. Carina ist inzwischen dritte Frau und auch die zweite holen wir kurz darauf ein. Also weiter!

Endbeschleunigung bis zum Ende

Weiter kämpfen und durchhalten. Bis Kilometer 36 dauert es, bis wir am Ende einer längeren Geraden das Auto entdecken. Es kommt. Noch einmal die Reserven herausholen, denn zwischen uns und dem Auto taucht noch einmal eine Frau auf. Dann erreichen uns die Radfahrer, die das Auto ankündigen, und ich lege los.

Geplante Endbeschleunigung vor dem Catcher Car. Eigentlich von Kilometer 30 bis 35, aber nun liegen schon 37 hinter uns und das Auto hat ein Tempo von 3:31/km. Also los.

Knie hoch und ab. Der erste Kilometer geht spielerisch. Rund 200m vor dem Auto laufe ich davon und quatsche kurz mit dem Radlern. Locker sehe ich aus - ja, das hoffe ich doch wohl. Ich habe noch nicht fertig. Der lange Lauf aber macht sich langsam bemerkbar. Der Puls steigt, die Beine brennen. Die Radfahrer peitschen mich von Kurve zu Kurve, von Kilometer zu Kilometer, während der Kameramann auf dem Quad die ganze Zeit vor meiner Nase sitzt.

Wings for Life World Run 2014 - Hoehenprofil

40, komm, die packst du! Immer wieder der Ansporn, es gehe hier nur bergab. Recht haben sie. Ein Läufer nach dem anderen wird eingesammelt. Kurzer Blick auf die Uhr und auf die Aussagen der Radfahrer vertrauen. Nicht nach hinten blicken! Dann kommt der Marathon greifbar nahe. Die Radfahrer pushen mich weiter, Kilometer 42 ist passiert, 200m noch, noch ein bisschen beißen.

Der Marathon ist in etwa 3:09 geschafft und eine kleine Steigung liegt vor mir. Noch einmal hochfliegen! Ich versuche hoch zu springen, spüre wie Wade und Oberschenkel sofort verkrampfen und lasse es dann doch lieber bleiben. Ein Danke an die Radfahrer, einmal in die Kamera winken und das Catcher Car vorbei lassen. 42,38 Kilometer in etwa 3:10. Ein schöner langer Lauf, am Ende bis zum letzten Korn kämpfen und ein großartiges Event genießen - so schön kann laufen sein.

Im Anschluss sind die Beine selbstverständlich schwer wie Blei und mit unorthodoxem Gehumple suche ich den Shuttle Bus. Das viele Training (ohne lange Läufe) in diesem Jahr hat sich aber zusammen mit den Ultramarathon-Erfahrungen aus dem letzten Jahr durchaus bezahlt gemacht.

Carina packt 37,02 km und wird zweite Frau hinter Siegerin Lea Bäuscher (46,23 km), Mockis Bruder Markus gewinnt mit 56,87 km und der weltweite Sieger schafft 78,58 km.

 

Marathonlaufen, einfach so? Kein Problem. - Nur ein kleines Problem: Der plötzliche Wunsch, es in diesem Jahr auf der vollen Distanz doch noch einmal wissen zu wollen.

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