Laufstrecken // 11.07.2010

Harter Kopf

Von der Mittagssonne ist nicht viel zu sehen. Zehn Minuten bin ich unterwegs, direkt in den Pfälzerwald hinein, wo die Bäume mich vor schlimmerem bewahren. Zehn Minuten und der Schweiß läuft wie ein Wasserfall durch das Gesicht. Den Trinkrucksack könnte ich schon jetzt bis zum letzten Tropfen aussagen, doch mir steht noch einiges bevor.

Trotz Mittagshitze ist eine längere Tour in den Pfälzerwald der Plan. In südöstlicher Richtung durch das Hungerbrunnental und über den Dammberg zum vielversprechenden Berg Harter Kopf. Ob nun in der eigenen Wohnung oder beim Laufen im Wald - einmal gratis im eigenen Schweiß zu baden ist heute überall inklusive.

Beim Betreten des Waldes werde ich vor bestehender Lebensgefahr gewarnt: "herabfallende Dürräste und umstürzende Eichen". Unbeirrt laufe ich weiter, genieße den Schatten, den Eindruck der mächtigen Bäume, des unendlichen Waldes. Zumindest soweit ich das schaffe. Zwei Kilometer folge ich der weiß-roten Markierung des Wanderweges, bis es rechts runter zur Straße geht - falsch - oder geradeaus auf die Schienen zu - ganz falsch. Ich trabe zurück, fast 300 Meter, bis ich die vom dichten Blattwerk versteckte Markierung finde und einen abenteuerlichen, schmalen Pfad hinab stolpere.

So gehört sich ein echter Wald. Suchspiel Nr. 1: Finde die Wegmarkierung. Suchspiel Nr. 2: Finde die Wegmarkierung. Eine Lichtung mit Blick auf ... nichts.

An einer Lichtung halte ich inne, genieße den Moment und versuche mit dem Laufshirt den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. Ohne Erfolg. Selbst das unterste Ende der Laufshorts ist wie frisch aus dem Wasser gezogen. Ich laufe also weiter, quäle mich mühsam den Dammberg hinauf. Laut schnaufend und wie ein undichter Wasserhahn tropfend sehne ich hinter jeder Kurve den Gipfel herbei. Zugegeben, dank der dichten Bewaldung und des überall hügeligen Terrains gibt es keinen wirklichen Gipfel, aber wenigstens sollte es irgendwann hinab gehen. Zwei Kilometer und 130 Höhenmeter später ist es soweit, bevor ich eher unbemerkt das eigentliche Tagesziel umrunde, den Harten Kopf.
Kaum ein Baum, der nicht markiert ist. Langsam aber stetig bergauf. Nicht jede Markierung weist auf einen guten Weg hin. DAS ist Wald.

Danach trete ich den Rückweg an, eigentlich einfach. Der Himmelsrichtung nach, an den Kreuzungen nach Lust und Laune einen der vielen Wege wählen. Hier gibt es so viele, irgendwie findet man schon zurück - solange man echte Wege findet. Kurz nachdem ich, immerhin 11 km nach dem Start, mit einer mitten auf dem Weg liegenden Kleinfamilien die ersten Menschen sehe, wähle ich einen falschen Weg. Der zunächst noch vom "Defense Distribution Depot Europe" markierte Weg scheint höchstens dem Überlebenstraining dienen zu können.

So hohe Bäume gibt es im Norden selten. Die Erlösung kurz vor Schluss. Wasser, Wasser, Wasser ... Wasser, Wasser, Wasser ...

Langsame schlage ich mich durch das Unterholz, die Brennesseln streicheln zärtlich meine Schienbeine und von einer kleinen Wiese aus entdecke ich etwas weiter hinab einen Weg. Als ich kurz darauf die Schienen unterquere und auf den vom Dienstag bekannten asphaltierten Weg stoße, bin ich erleichtert. Während inzwischen der Trinkrucksack leer ist, kommt eine kleine Wasserstelle wie gerufen. Minutenlang halte ich den Kopf unter den Wasserstrahl, auch wenn Sekunden später der Kopf wieder trocken ist. Aber was soll ich mich beschweren, Wasser, eine letzte Erfrischung kurz bevor ich mich mit wackeligen Beinen wieder auf das Rad schwinge, um die kurze Heimfahrt anzutreten. Es hat sich gelohnt.

Tour in den Pfälzerwald
15,6 km - 356 Höhenmeter - 31°C