Laufblog: Aktionen // 04.07.2012

EM-Laufspiel: Das schmerzhafte Finale

7:00 Uhr am Sonntag. Finale des EM-Laufspiels und noch sind keine Kilometer gelaufen. Zu sehr  steckt der Muskelkater von den über 72 Kilometern am Donnerstag in den Beinen. Doch es hilft nichts. Im Finale muss man beißen.

Das Fahrrad und zwei Rucksäcke stehen für Eva bereit, die heute ihren Hintern für mich opfert. Um kurz vor 10 kommt unser Zug in Bingen an. Ende meines bisherigen Streckennetzes und damit Anfang der heutigen Tour.

Auf den ersten Metern spüre ich, welche Strapazen ich bisher beim EM-Laufspiel durchgemacht habe. Die Oberschenkel schmerzen. Zu meiner Überraschung laufe ich tatsächlich langsamer los, als es Steffen vorgeschlagen hat. Immer wieder schaue ich auf das Tempo. 6:24, 6:23, 6:29. Ich hätte mich schon über 5:30 gefreut. Locker ist das aber leider überhaupt nicht.

Rund alle fünf Kilometer legen wir eine Pause ein. Hinsetzen. Etwas trinken und essen. Bei Kilometer 15 nehme ich das erste Gel, die erste Salztablette kurz darauf. Salztablette mit Mineralwasser, Bananensaft mit Salztablette, Magnesiumtablette mit Wasser oder mit Bananensaft oder auch mit Salztablette oder einfach nur Eistee - die Kombinationen sind vielfältig. Zu essen gibt es außer den Gels ein paar Müsliriegel, etwas Obst, Rosinen, kleine Salzbrezeln, ... jenachdem, wonach mir gerade der Sinn steht.

EM-Laufspiel EM-Laufspiel EM-Laufspiel

Das Wetter ist dabei angenehm. Über 20 Grad, aber die meiste Zeit bedecken Wolken den Himmel. Nach 15 Kilometern kommen meine Beine langsam in Fahrt. Während der dritten Pause bin ich mental in Topform. Ein seltsamer Rhythmus trällert in meinem Kopf und ich beginne Eva mit wildem Gesinge zu nerven. Bestens gelaunt geht es weiter. 6:05, 6:02. Das Tempo ist gefährlich. Eva bremst mich.

Letztlich bewegen wir uns aber doch recht gemütlich vorwärts. Stunde um Stunde geht vorbei, 20, 30 Kilometer. Dann ist die Hälfte bis zum Minimalziel Koblenz geschafft. Zwischenzeitlich träume ich wieder von der Gesamtdistanz von 87 Kilometern bis Neuwied. Allerdings schwindet die Zeit. Marathon nach 4 1/2 Stunden Laufzeit, für die wir über 6 Stunden unterwegs sind.

Die Oberschenkel werden dabei leider nicht lockerer. Auch wenn ich bei Kilometer 35 zum ersten Mal unter 6 Minuten bleibe, wird die Prognose nicht besser. Das Anlaufen nach einer Pause wird hart. Kläglich trippel ich von Fußspitze zu Fußspitze. Mit der Ferse aufkommen? Den ganzen Oberschenkel verwenden? Nicht möglich. Bis zu einem Kilometer dauert es jeweils, bis es wieder etwas runder läuft.

Bei Kilometer 58 wartet Christian mit dem Auto auf uns. Evas Hintern macht nicht mehr mit. Ich genieße ein paar Kinderriegel, lege den Trinkrucksack ab und einige mich mit den beiden darauf, die nächsten Kilometer auf die andere Rheinseite alleine zu laufen.

Blöd nur, dass zur Rheinbrücke Treppen hinauf führen. Anhalten und gehen? Oder auf einem Umweg eine normale Rampe suchen? Zu blöd! Ich laufe die Treppen hoch und bringe zum ersten Mal den Puls richtig nach oben. Schmerzhaft.

Am Ende der Brücke warten die beiden auf mich. Die Entscheidung, wie es weiter geht, ist längst gefallen. Keine Pause, nicht anhalten. Weiterkämpfen, solange die Oberschenkel mich halten. Selbst kleine Steigungen kann ich nun nur noch rückwärts bergab laufen. Die Oberschenkel sind völlig dicht. Kleine Ziele stecken. Bis zum nächsten Ort. Bis Kilometer 68.

runalyze.de68,7 km Langer Lauf am 01.07.2012
7:09:206:15/km132bpm272 hm
http://user.runalyze.de/shared/1ol
 

Doch dann ist Schluss. 7 Stunden. 140 Wochenkilometer. Bis zum Anschluss ans Streckennetz in Engers fehlen noch fast 10 Kilometer, doch die Oberschenkel lassen keine Pause mehr zu. Der Kopf hat das Ding nun aufgegeben. Da ist nichts mehr drin.

Für den Sieg reicht es nicht. Dazu fehlten Ronny und mir 13 Kilometer. Doch auf 7 Stunden laufen (innerhalb von 10 Stunden) und fast 70 Kilometer bin ich mehr als stolz.

... mit der Hoffnung, den Wahnsinn gesund überstanden zu haben. Keine Blasen, keine Krämpfe, kein Sonnenbrand, kein Kreislaufkollaps. Keine Knieschmerzen, gesunde Schienbeine und keine Probleme an den Füßen. Puh.

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