Tools // 22.05.2009
Rechenspielerei: Altersprognose
Laufen ist schön, man kann es genießen, einfach so. Für viele Läufer gibt es neben dem puren Genuss aber noch ein zweites Ziel: schnell sein. Läufer trainieren Tag für Tag und richten sich nach einem Trainingsplan, um ihr eines Ziel zu erreichen, persönliche Bestzeit. Neben der kurzfristigen Prognose, was die 10-km-Zeit für den Marathon bedeutet, interessiert aber auch, was man in den nächsten Jahren erreichen kann. Wie schnell wird man nach fünf Jahren weiterem Training laufen können? Nach den Rechenspielereien des ewigen Anfängers habe ich mich nun versucht, der persönlichen Altersprognose auf die Spur zu kommen.
Idee
Sehr geholfen hat mir dabei Lars Artikel zur Leistungsfähigkeit von Langstreckenläufern im Alter. Dort wurden die Weltrekorde der jeweiligen Altersstufen analysiert. Um eine ordentliche rein rechnerische Altersprognose zu erstellen, müssen wir genau diese Informationen über die Leistungsfähigkeit im Alter wissen. Außerdem muss beachtet werden, wie lange der jeweilige Läufer bereits trainiert. Wer erst seit einem Jahr läuft, hat selbstverständlich noch viel Potenzial. Dennoch muss es noch einen begrenzenden Faktor geben, das Talent. Ob es irgendwelche geheimen Gene oder der Körperaufbau sind - nicht jeder wird Weltrekord laufen können.
Altersfunktion
Zur Vorhersage, wie sich die Leistungsfähigkeit nur in Abhängigkeit vom Alter ändert, genügen die von Lars angesprochenen Daten der WMA-Tabellen. Aus diesen Faktoren müssen wir nur noch eine Funktion erstellen, was aber nicht so ganz einfach ist. Wenn man die Faktoren genauer betrachtet, kann man allerdings vier Abschnitte erkennen:
- 5 - 20 Jahre: quadratische Funktion (a < 0)
- 21 - 35 Jahre: lineare Funktion (m = 0)
- 36 - 70 Jahre: lineare Funktion (m < 0)
- 71 - 100 Jahre: quadratische Funktion (a < 0)
Mit Hilfe von jeweils ein bis drei Werten aus der Tabelle können wir nun die dazugehörigen Funktionen erstellen. Diese sind (zur Skalierung mit 100 multipliziert) im Bild zu erkennen.
Trainingsfunktion
Als nächstes muss eine Funktion festgelegt werden, um die Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit vom Training darzustellen. Diese Funktion ist die schwierigste schwammigste Funktion. Zur Darstellung der zunehmenden Leistungsfähigkeit habe ich keinerlei sportwissenschaftliche Hintergründe beachtet. Frei nach dem Motto Übung macht den Meister und davon ausgehend, dass zunächst eine sehr schnelle, später eine deutlich langsamere Leistungssteigerung möglich ist, gehe ich für die Trainingsfunktion von einem beschränktem Wachstum aus. Die Schranke, also der maximale Wert, liegt bei 1 bzw. 100 Prozent. Den Startwert für die Funktion habe ich auf 0,5 bzw. 50 Prozent gelegt.
Warum nicht auf 0? mag man fragen: Man kann davon ausgehen, dass jeder Mensch zumindest eine geringe Fähigkeit zum Laufen besitzt. Beim Testen hat sich dann gezeigt, dass für einen Startwert von 50 Prozent (nach meiner unqualifizierten Definition) brauchbare Ergebnisse entstehen. Die Änderungsrate im Exponenten habe ich nun so festgelegt, dass man nach 10 Jahren Training bei etwa 98 Prozent liegt - ebenfalls eine willkürliche Festlegung (k = - 4/13). Zusätzlich wird im Exponenten x durch (x - Trainingsstart) ersetzt, um den Startpunkt (0,5) auf den Zeitpunkt zu legen, zu dem man mit dem Training begonnen hat. Es ergibt sich (wieder auf 100 skaliert und mit Trainingsstart = 16):
Trainingsfunktion
Talent
Wie ist es nun mit dem Talent? Wie wird die maximale Leistungsfähigkeit einer einzelnen Person bestimmt? - Bei dieser Festlegung verzichte ich ebenfalls auf jegliche sportwissenschaftlichen Grundlagen. Zur Talentbestimmung ziehe ich die persönliche Bestzeit und den Weltrekord heran. Zunächst bestimme ich die theoretische Weltrekordzeit, die sich aufgrund Alters- und Trainingsfunktion ergibt. Für mich (19 Jahre, 3 Jahre Training) ergibt sich aufgrund des Trainingszustandes 2:34:43, zusätzlich aufgrund des Alters 2:35:39. Das Verhältnis von dieser theoretischen Weltrekordzeit und der persönlichen Bestzeit ergibt nun das Talent, in meinem Fall 0,763.
Ergebnis
Mit Altersfunktion, Trainingsfunktion und Talentfaktor haben wir genügend, um die Altersprognose zu berechnen. Die drei Funktionen werden miteinander multipliziert, sodass wir eine nach unten verschobene und durch die Trainingsfunktion leicht veränderte Funktion, die den Daten der WMA-Tabellen aber noch immer stark ähnelt. Auf diese Weise habe ich mir nun meine Marathonzeiten für die nächsten 30 Jahre berechnet. Und so schlecht klingen die Werte doch gar nicht. Mit 22 Jahren knacke ich die 3-Stunden-Marke und mit 35 Jahren erreiche ich meine maximale Leistungsfähigkeit mit einer Marathonzeit von 2:42:40. Ganz so dämlich scheint die Rechenspielerei also nicht zu sein.
Altersprognose
Du möchtest nun selbst eine Prognose erstellen? Nutze meinen Altersprognose-Rechner.
21 Kommentare
Lob, Kritik und Anregungen sind immer herzlich willkommen.
Zum Bloggen gehören eure Meinungen ebenso sehr wie die Artikel.
Aber gewagt Hannes, gewagt - insbesondere, weil Du Dich bei der Trainingsfunktion natürlich vollkommen in den Bereich der Spekulation begibst. Dass das Ding irgendwie exponential verlaufen muss, leuchtet ein, aber die Parameter? Ich persönlich glaube zum Beispiel nicht, dass ich im untrainierten Zustand auf 50 % meines Potenzials war.
Und dann fließt doch der Trainingszustand in den Talentfaktor ein - und damit praktisch quadratisch in das Ergebnis. Das hieße, dass die "willkürlichste" Funktion den stärksten Einfluss auf das Resultat hat.
Aber egal, wenn du in drei Jahren unter drei Stunden rennst, ist wurscht, wie und warum...
Aber natürlich nicht mit so kranken Zeiten wie du sie annimmst... :D
Da steht vorne immer eine 4 und manchmal eine 5. ;-)
Das sind Halbmarathonzeiten, oder?
Liebe Grüße - Reinhard
aber die Prognose liest sich gut und ist bei dir durchaus vorstellbar, kannst dich freuen, wenn es nach diesem Schema klappen würde, wundern täts mich nicht ! 8)
Ich drücke die Daumen, daß Du die errechneten Zeiten auch tatsächlich erreichst.
lG
Ralph
Bei mir fehlt von der Natur vorgegeben und nicht korrigierbar beispielsweise das Talent und ich mache kein Training auf Tempo. Ich könnte auch rechnen für einen Marathon würde ich stets mehr als 4h brauchen. Das tue ich mir nicht an.
Aber es ist eine interessante Sache, so eine Berechnung.
tolle Berechnungen, die du da so anstellst. Wenn ich das alles richtig verstanden habe (Schule liegt schon soooo lange zurück), dann kommt, wer früh anfängt, relativ früh an seine Leistungsgrenze und der spätere Anfänger eben entsprechend später. Das läßt doch hoffen!
Mein Papa spielt mit seinen 85 Jahren immer noch Tennis und nimmt an Turnieren teil. Nur die Teilnehmerzahl wird in seiner AK immer spärlicher.
LG Ursula
Du hast natürlich recht. Das ist alles sehr gewagt. Ohnehin funktioniert das Ganze nur bei einer bestehenden Bestzeit. Und unter welchen Bedingungen diese erzielt wurde ist eine ganz andere Frage.
@Mario:
Normalerweise sollte zur Berechnung ja auch die absolute Bestzeit genommen werden, nicht die erste. Ich habe nur eben bisher nur eine.
@Eva:
Laufen ist schön, man kann es genießen, einfach so. - Das könntest du doch auch noch verstehen, oder? *mitblödel*
@Torsten:
Dann genieße einfach die Spielerei (auch für 10 km möglich) x)
@matbs:
Wenn da nun steht "Bis du stirbst" und ich die Daten bis 100 hochziehe ... will man das sehen?
@hans:
Gute Frage. Ich weiß nicht, inwiefern Gehhilfen bei den WMA-Tabellen enthalten sind :D
@Gerd:
Das sind nur Vorzeichenfehler, die deine Werte so verändern :D
@huobaere:
Danke. Exzellente Prognosen vielleicht nicht, aber interessant definitiv. Und es kommt ja darauf an, wie lange man schon läuft. Anfangs geht es aufwärts, auch im hohen Alter.
@ultraistgut:
Ist nur noch die Frage, wann ich wieder einen Marathon laufe, um diese Zeiten umzusetzen.
@Thestral:
Eine Prognose ist letzten Endes ja auch nichts anderes als das Auswerten der Statistiken, um auf eine Formel zu kommen, die man nun weiterführen kann ;)
Aber die eigene Fälschung ist das Stichwort. Die Parameter der Funktionen habe ich jetzt ja so gedreht, dass mir das Ergebnis passt :)
@Bernd:
Natürlich. Wer obiges Ziel gar nicht verfolgt, der kann mit der Prognose auch nichts anfangen. Außer vielleicht der Gedanke, was wäre wenn? ...
@Ursula:
Danke. Ich denke, du hast es richtig verstanden, wobei das Erreichen der Leistungsgrenze auch nur meine Interpretation der gegebenen Daten aus den WMA-Tabellen war.
ein nettes Spielzeug *ggg* Und: Ich hab noch voll die Läuferzukunft! Erst mit 50 werde ich meine absolute Bestzeit beim 10er erreichen! Dann kann ich mir ja ab sofort Zeit lassen und statt Anstrengung heisst es dafür einmal mehr Sofalümmeln *lol*
Grüßle
Isa
Bis bald
Kai
Klingt kompliziert und toll und wie ich mit finde auch nicht unrealistisch ... also los, du hast noch viel vor und vor allem Zeit ;) und solange Du den Spaß nicht verlierst, hau rein ;)
Wenn ich also trainieren würden, würde doch noch eine ganz gute Marathonzeit herauskommen.
Laut dem Rechner 2:35h. Das wär ja mal wirklich top.
Aber da ich eh kaum trainiere wirds wohl nichts werden :(
Rede dir ruhig ein, der Rechner würde vom Sofalümmeln ausgehen ... ich sage dir: Er tut es nicht ;)
@Chris:
Letzten Endes muss man einfach selbst schauen, was möglich ist.
@Kai:
Natürlich! Der Trainingsumfang bzw. die Qualität des Trainings ist sehr entscheidend. Der Rechner vernachlässigt so einiges und soll wie gesagt auch nur eine kleine Spielerei sein.
Ob die Verletzungen als Zufallsfunktion etwas bewirken würden ... entweder jeder erhält bei gleicher Eingabe verschiedene Ergebnisse, was nicht wünschenswert wäre, oder man kann gleich mit einem festen Faktor rechnen. Da allerdings die Faktoren jetzt bereits fast nur geraten sind, würde das nur wenig verändern.
@Pienznaeschen:
Der Spaß sollte für uns alle ganz oben stehen. Ausnahme: Prognose einer Weltklassezeit. Dann ruft das große Geld, da steht der Spaß hinten an :D
@Eva:
Solange der Rechner funktioniert ;)
@Simon:
"Ganz gut"? - Die ist genial. Aber wenn das Radfahren mehr Spaß bringt, sollst du ruhig dabei bleiben.