Wettkampf: 2012 // 15.10.2012

Göteborg Halvmarathon

Es hat sich nicht wie ein letzter Versuch angefühlt, aber eigentlich war es einer. Der letzte Versuch, aus diesem Laufjahr ein gelungenes zu machen. Die 5-km-Bestzeit in Hördt und das EM-Laufspiel waren schön und gut, aber nicht das, was ich dieses Jahr erreichen wollte. Über die 10-km-Distanz bin ich bei keinem meiner diesjährigen Versuche auch nur annährend an die gewünschte sub35 heran gekommen.

Also musste die Revanche mit der Halbmarathon-Strecke her.

An den 10-km-Trainingsplan reihten sich unter anderem fünf Trainingswochen mit 93, 101, 107, 115 und 97 Kilometern. Lange Läufe mit bis zu 27 Kilometern, entspannte 10-km-Tempoläufe und die Halbmarathon-Treppe nach Greif. - Es lief hervorragend.

Fehlt nur die Umsetzung.

Das fast perfekte Rennen

Es kann nichts schief gehen. Es liegt nur an mir. Ich bin hellwach und die Beine fühlen sich gut an. Jeder Meter der Strecke ist fest in meinem Kopf verankert. Den Wind, egal von welcher Seite, habe ich einkalkuliert. Auf niemanden außer mich selbst ist Verlass. Lauf dein eigenes Rennen. Du weißt, was du kannst.

Die Vorgaben sind klar definiert. Minimalziel die längst fällige 1:20, Normalziel 1:18, Optimalziel 1:16. Angangstempo: 3:42/km, wobei die 3:40/km einfacher zu rechnen sind: 11 Minuten für 3 km. Nach jeweils sieben Kilometern wird justiert: Schneller werden oder Tempo halten.

Nach dem Startschuss sortiere ich mich auf Rang 15 ein. Ruhig bleiben. Locker laufen. Mitläufer finden. - Ruhig bleiben, verdammt! Wir verlassen das Stadion, überqueren eine kleine Brücke und biegen auf den Radweg ein, dem wir 10 Kilometer lang gen Süden folgen. Immer geradeaus mit nur zwei wirklich winzigen Wellen. Einfacher kann es kaum sein. Das musst du ausnutzen.

Für die ersten 3 Kilometer in 10:56 kassiere ich selbstauferlegte 100 Liegestütze. 10 Sekunden zu schnell. Beherrschen! Schon nach dem ersten Kilometer war mir zum Jubeln zumute. Es läuft. Alle vier Kilometer wird etwas zu trinken gereicht. Bei nur 6°C ist das Wasser richtig kalt, aber es hilft. Kurz versuche ich an einer guten Dreiergruppe dran zu bleiben, aber sie sind für den Moment zu flott. Auch wenn die Kilometerzeiten es nicht ganz hergeben: Ich laufe rhythmisch und alles stimmt. Nur etwas zu schnell.

Die Dreiergruppe behalte ich vor mir im Blick. Ganz langsam versuche ich das Tempo zu forcieren, robbe mich Meter für Meter heran. Erst auf dem Rückweg, gegen den Wind, gegen die schweren Beine könnten sie helfen.

Beim Wendepunkt habe ich sie. Doch es dauert nicht lange, bis die Gruppe dann zerfällt. Der erste fällt hinten heraus, der zweite folgt ihm. Ein anderer hat sich dafür vor uns gesetzt. Ich halte mich am Vordermann, laufe auf, laufe neben ihm und laufe vorbei. Weiter zum nächsten. Das selbe Spiel. Ranlaufen, kurz ziehen lassen und wieder vorbei. Keiner hält hier das Tempo der ersten Hälfte.

Drei, vier Mal wiederhole ich das Spiel, bis ich alleine bin. Nur die eine halbe Stunde vorher gestarteten Marathonis, die ich jetzt einzeln aufsammele, erinnern mich daran, wo ich hier bin: Wettkampf. Halbmarathon. Dranbleiben. Tempo halten. Es lief doch bisher so gut!

Es wird etwas unrhythmisch. Mit einem Marshmallow-ähnlichen Gel-Chip versuche ich die letzten Kräfte zu mobilisieren, doch irgendwie erfrischt es mich so gar nicht und landet direkt wieder am Straßenrand. Da musst du jetzt alleine durch.

Vor mir ist kein weiterer Halbmarathoni zu sehen. Die Rechenspiele beginnen. Wenn du die letzten fünf Kilometer noch einmal richtig Gas gibst, könnte das eine 1:15 werden. Gänsehaut. Doch der Kick fehlt. Ganz langsam geht es Meter für Meter bergauf. Der Wind pustet mir entgegen und das Tempo hängt eher an der 3:40 als an der 3:30. - Aber immerhin.

Zur Brücke hinauf zum Endspurt. Mir wird etwas zugerufen, ich verstehe "fyra" - oder so. Vierter? Ich beschleunige. Schaue auf die Uhr. Erleichterung pur. Ich möchte schon hier jubeln. Du hast die Saison gerettet! Heute zeigst du endlich wieder, was du kannst.

Zielspurt auf der Tartanbahn - aber nicht bis zum Umfallen. Es bleibt die Zeit, zu genießen, wie der Schwede am Mikrofon meinen Namen ausspricht. Es bleibt die Zeit, auf die Uhr zu schauen. Und zu genießen: 1:16:14. Alle Ziele für heute erreicht. Das war nahezu perfekt.

Statistik 

Göteborg Halvmarathon
Platzierungen: 2. von 45 (AK), 4. von 304 (Gesamt)
Veranstalter: http://www.solvikingarna.se/Tavlingar/GoteborgM...
Ergebnisse: http://www.solvikingarna.se/Tavlingar/GoteborgM...
Besten Läufe über 21,1 km
17.08.2014 1. Lußhardtlauf 1:14:01 (3:30)
09.04.2016 2. Rhein-Volkslauf 1:15:34 (3:35) -1:33
23.03.2014 3. TSG Halbmarathon 1:15:36 (3:35) -1:35
31.05.2014 4. SAP Arena Marathon 1:15:38 (3:35) -1:37
13.10.2012 5. Göteborg Halvmarathon 1:16:14 (3:37) -2:13