Training // 05.01.2016

Drei lange Läufe zum Jahresabschluss

Samstag, 19. Dezember. Traumhaftes Wetter bei 11 Grad und blauem Himmel. Ohne groß nachzudenken, sattele ich den Trinkrucksack. Es juckt in den Beinen. Ich muss da raus.

Kaiserslautern selbst gehört wahrlich nicht zu den schönsten Städten unseres Landes, und oftmals brauche ich es beim Laufen auch gar nicht schön. Ein stupider Radweg an der Landstraße genügt mir meist, um mit passender Musik auf den Ohren stundenlang abzuschalten. Heute aber möchte ich das Wetter im Pfälzerwald genießen. Auf einem schmalen Pfad geht es raus nach Hohenecken und dann weiter bis ins Karlstal zu meiner schönsten langen Runde.

Gute 30 bis 35 Kilometer hat der lange Bogen, um den einen Kilometer durch die wunderschöne Karlstalschlucht zu laufen. Mit unzähligen kleinen Holzbrückchen geht es immer wieder auf die andere Seite des Baches. Das Wasser plätschert, Felsen flankieren den Weg. Für diesen Kilometer lohnt es sich immer wieder, den langen Anlauf zu nehmen.

Das Wetter ist aber so schön, dass ich noch einen Umweg nehme. Anstatt den Rückweg einzuschlagen, laufe ich weiter nach Johanniskreuz, dem Zentrum des Pfälzerwaldes. Auf schönen Pfaden lasse ich es immer weiter laufen, nehme auf dem Rückweg noch einen zusätzlichen Schlenker. Das Ergebnis: 50 wundervolle Kilometer durch den Pfälzerwald. Einfach so aus dem Ärmel geschüttelt, nur mit Wasser und etwas als PowerBar-Smoothie getarntem Apfelmus.

 

Freitag, 25. Dezember. Mittelmäßiges Wetter und eine Handvoll Gels im Trinkrucksack. Klar, was ein so lockerer 50-km-Lauf in meinem Kopf auslöst.

Wenn der Kopf einmal wieder auf Touren ist, gibt es kein Halten mehr. Normale Läufe oder gar Tempotraining an den Werktagen? Fehlanzeige. Aber für die freien Feiertage explodierten die Ideen im Kopf geradezu. Unter anderem schwirrte der Wunsch, endlich mal wieder am Donnersberg zu laufen, im Kopf herum. Etwas über 30 Kilometer sind es bis dorthin ... warum also nicht hin und zurück laufen?

Übermotivation kann ich.

Auf einem mir unbekannten aber durch einen roten Streifen markierten Weg wollte ich bis zum Donnersberg und von dort auf mir bekannten Wegen wieder zurück. Nach etwa fünf Kilometern verliere ich zum ersten Mal die Markierung. Mit der nächsten Abzweigung finde ich wieder zurück, nur um kurz darauf wieder ab des Weges zu sein. In Otterberg weist mir eine Karte zum Glück den Weg zurück, in der Summe habe ich dann aber bereits fast 20 statt der bis hierhin geplanten 10 Kilometer auf der Uhr. Das erste Gel und der erste Frust folgen.

Bei frischen Temperaturen kämpfe ich mich weiter, verliere zwei weitere Male die Orientierung und habe bereits, bevor ich den eigentlichen Anstieg zum Donnersberg hinauf starte, alle Gels verputzt. So sind es bereits 42 Kilometer, als ich triumphierend den Königsstuhl auf dem Donnersberg erklimme.

Langer Lauf zum Donnersberg
Blick vom Adlerbogen

Für den Rückweg rettet mich die Waldhaus-Gaststätte hier oben. Nach einer Cola geht es gestärkt auf den Rückweg. Nicht ganz so locker und gemütlich, aber irgendwie muss man ja zurück. Am ersten Bahnhof laufe ich noch vorbei, am zweiten ist dann Schluss. Der Sonnenuntergang naht, 62 Kilometer sind gepackt, 20 Kilometer wären es noch und am nächsten Bahnhof müsste ich eine halbe Ewigkeit warten. Irgendwann knickt jeder ein.

 

Drei Tage später. Montag, 28. Dezember. Sonnige acht Grad sind vorhergesagt und noch immer steht mein längster Lauf bei 68,7 Kilometern. Da muss man etwas gegen tun.

Zum Glück hatte ich mir vor der Tour am 1. Feiertag gleich mehrere Strecken zurecht gelegt. Und als am Sonntagabend das Gefühl stärker wird, dass es meinen Beinen eigentlich ganz gut gehe, werfe ich im Bett liegend noch einmal einen Blick auf die vorbereiteten Strecken.

"Einmal zur Glan und zurück" war dabei eine Strecke. Nicht übertrieben hübsch, aber einfach und gut zu laufen. Auf dem Radweg am Odenbach entlang bis nach - Überraschung - Odenbach, dann an der Glan bis Lauterecken und schließlich an der Lauter zurück. 77 Kilometer? Kann man mal probieren.

Übermotivation kann ich noch immer.

Langer Lauf zur Glan
Die ersten und einzigen Sonnenstrahlen des Tages

Im frischen Morgentau geht es los und auf der ersten Höhe zeigt sich wundervoll die Sonne, bevor ich für die nächsten Stunden im Nebel versinke. Nichts mit Sonnenschein. Mit der Känguru Offenbarung auf den Ohren kann mich aber nichts vom Weg abbringen. Einfach laufen, bis man nicht mehr mag. Und dann: einfach weiter laufen.

Die Kilometer ziehen von dannen, der Kopf hat Lust. Ein Rodgau wird es für mich dieses Jahr zwar wohl trotzdem nicht geben, aber ein Bloggercamp im Harz wartet. Da könnte man ja ...

In Lauterecken gönne ich mir eine ausführlichere Pause, wechsele ob des kalten Wetters das verschwitzte Shirt, nehme noch ein, zwei Gels und trotte wieder los, dem Sonnenuntergang entgegen. An den kurzen Wintertagen hat man für eine solche Tour gar nicht so viel Zeit. Da muss man sich beeilen.

Als schließlich tatsächlich die 70 auf der Uhr aufblinkt, knicke ich dann auch heute ein. Fast pünktlich zur Abfahrt des Zuges bin ich an einem Bahnhof, um mir fünf weitere Kilometer zu sparen. Und trotzdem sind es am Ende 72 Kilometer auf der Uhr - ganz ohne mich zu verlaufen.

Langer Lauf zur Glan
Neuer längster Lauf: 72,07 Kilometer sind geschafft.

So lässt sich ein Laufjahr doch beenden, wenn der Kopf keine Lust auf das regelmäßige Training an den Winterabenden hat.